Geschichte geht Zuhörern unter die Haut
Thomas Darchinger liest aus der Biographie eines Holocaust-Überlebenden. Am 10. April 2018 verfolgten die Klassen 8 bis 10 der Inge-Aicher-Scholl-Realschule gespannt der Geschichte einer Jugend im Konzentrationslager während des III. Reiches. Der aus Tatort-Filmen bekannte Schauspieler Thomas Darchinger präsentierte Solly Ganors Biografie „Das andere Leben“.
Für den damals 13-jährigen jüdischen Jungen aus dem heutigen Litauen war das Leben schlagartig zu Ende, als die deutschen Truppen im Sommer 1941 ihn und seine Familie ins Ghetto deportierten. Er überlebte das Konzentrationslager Dachau und den Todesmarsch. Der Jazzmusiker Wolfgang Lackerschmid untermalte die Lesung eindrucksvoll auf dem Vibrafon.
Mucksmäuschenstill war es während der Veranstaltung am Vormittag, der über 250 Schüler betroffen und gebannt lauschten. Einige Szenen gingen unter die Haut, denn die Schüler bekamen Ausschnitte aus dem täglichen Überlebenskampf zu hören: vom allgegenwärtigen Hunger und den steten Versuchen der Gefangenen zusätzlich Nahrung zu bekommen. Da kämpft der verzweifelte Jugendliche um eine Kartoffel im Schweinemist, die ihm so paradiesisch vorkommt, dass er die möglichen Strafmaßnahmen und Grausamkeiten der Aufseher vergisst. Erschütternd auch die Schilderung einer Hinrichtung, bei der der Häftling noch im Todeskampf versucht, nichts von seiner Suppe zu verschütten. Darchinger liest beeindruckend, variiert seine Stimme, flüstert, schreit, weint fast, liest schnell und langsam und zieht so die Schüler in seinen Bann. Intensiviert wurde das gesprochene Wort durch die Klänge des Vibrafons, die das Prasseln des Regens, das Sterben der Menschen und die unglaubliche Angst hörbar gemacht haben.
Bei der zweiten, gut besuchten offenen Abendveranstaltung war das Publikum nicht minder beeindruckt. Man hätte eine Stecknadel fallen hören. Die Zuhörer waren aufgrund der Darbietung so gefesselt, dass ein Besucher am Schluss kommentierte: „Wir sind mit Solly Ganor auf dem Todesmarsch mitgelaufen.“